Initiative Altpapiertonne


Jetzt drehen sie völlig durch. Kulturstaatsminister Bernd Neumann läutete heute die „Nationale Initiative Printmedien“ ein. Junge Leute würden immer weniger Zeitungen und Zeitschriften lesen, wird da beklagt.

In das gleiche Horn stoßen WELT-Chefredakteur Thomas Schmid (der mit dem größten Newsroom Europas, mit der Devise „Online first“ und den unter seiner Marke 1:1 ins Web abgekippten Pressemitteilungen) und Susanne Gaschke von der ZEIT (das sind die mit dem frischen Online-Redaktionsleiter Wolfgang Blau, der unlängst zu viele Tageszeitungen in Deutschland ausmachte). Gaschke wird bei kress.de mit frustrierten Beschwörungen zitiert wie „Wir müssen wirklich daran glauben, dass die Zeitung mehr zu bieten hat als das Infromationsfrikassees aus dem Internet.“ Und: Das „Geraune irgendwelcher Blogger“ werde für erfolgreicher gehalten als das Geschäft mit bedrucktem Papier.

Welch elendes Gejammer!

Als würde es inhaltlich einen Unterschied machen, ob das geschriebene Wort auf einem Monitor oder auf einem Papier rezipiert wird. Wie mechanistisch muss man eigentlich gepolt sein, um den Kern nicht zu erkennen? Um nicht zu merken, dass der Journalismus der Kern ist, die gut recherchierte Geschichte, die eindrucksvolle Reportage, die aufrüttelnde Enthüllung. Nein, eine Enthüllung präsentiert auf dem Monitor ist in diesen anachronistischen Köpfen weniger Wert als die auf Papier. Und für eine solch undurchdachte Initiative werden jetzt noch Steuergelder verpulvert.

Man kann gerne beklagen, dass die Menschen die gute journalistische Geschichte für Glamour-Rotz und Spanner-Inhalte vernachlässigen, das hat aber nichts mit der Ausgabeform zu tun.
Warum setzt ihr euch nicht für einen besseren Journalismus ein, warum geht ihr nicht in euch, ob wir wirklich auf dem Frühstückstisch die Aufmacherzeile haben wollen, die wir am Abend vorher in der Tagesschau gehört und am vorigen Mittag sogar schon identisch online gelesen haben? Ihr Papierbastler seid zu langsam für die News. Besinnt euch bitte auf das, was ihr bringen könnt. Das ist gut recherchierter Hintergrund und nicht die Agentur-Jauche, die identisch auf hunderten Online-Tickern läuft. Aber das könnt und wollt ihr euch nicht mehr leisten. Statt dessen jammert ihr rum und schnorrt beim Steuerzahler.